🐾 Revas und Laskas Hundeleben

… aber wir finden unseren gemeinsamen Weg

Mit dem Kopf durch die Wand

Unser Tagesablauf war schnell sehr gefestigt und bestand aus vielen festen Routinen, 6:00 Uhr aufstehen, Gassi gehen, mich fertig machen, frühstücken, Reva füttern und dann mit ihr raus und zusammen zur Arbeit gehen. Dort kam sie in ihre Box und alle 2-3 Stunden ging ich mit ihr in den Garten der Kanzlei, damit sie sich lösen könnte. Mittagspause wurde im angrenzenden Park gemacht. Dann wieder alle 2-3 Stunden raus zum lösen und dann gegen 18:00 Uhr Feierabend und ab nach Hause, wo der Hundepapa schon auf uns wartete. Auf mich wartete der Haushalt, das Essen musste gekocht werden und der Hundepapa übte mit Reva einige Dinge. Wenn Reva wieder überdrehte oder unerwünschtes Verhalten zeigte, kam sie in die Box. Nach dem Essen wurde noch etwa trainiert und dann wurde, nach einer kleinen Pipirunde geschlafen. Wobei mein schlaf alle 3 Stunden unterbrochen wurde, um mit Reva rauszugehen, die in ihrer Box plötzlich fiepte, um anzukündigen, dass sie mal raus muss.

Ich muss sagen, dafür dass so vieles schief lief und sie vor allem mit der Stubenreinheit starke Probleme hatte, so lief das “Bescheid sagen” nachts in der Box wirklich gut. Auch wenn es vielleicht auf Unverständnis stößt, aber ich war damals wirklich unglücklich, denn obwohl wir schnell Routine reinbrachten und der Alltag irgendwie funktionieret, so blieben wir (zumindest gefühlt) auf der Stelle stehen und machten keinerlei Fortschritte. Ich hatte damals das Gefühl, dass meine anfängliche Liebe und Begeisterung für Baby-Reva schnell erlosch und immer kälter wurde. Ich war völlig verzweifelt, denn so hatte ich mir unser Leben mit einem Welpen nicht vorgestellt und auch bei allen anderen aus unseren Umkreis, war das Leben mit Welpe nicht so gewesen. Meine Freunde mieden mich, da ihnen Baby-Reva zu anstrengend war und sie sich über uns lustig machten. Einige sagten, sie ist schwer erziehbar, aggressiv und gehöre ins Tierheim, wir sollten sie einfach wieder abgeben. Ich zog mich immer mehr in mein Schneckenhaus zurück, verlor nach und nach die Lust mit Reva zu arbeiten und begann sie, zu vergleichen, das geschah völlig unbewusst, und ich wollte genau das eben nicht. Aber es passierte und ich verglich sie mit anderen Welpen und meiner alten Hündin.

Baby-Reva merkte meine Gefühlslage vermutlich und das war wohl auch der Grund, warum sie immer bockiger und zickiger wurde. Ihr Verhalten wurde immer extremer und während sie und der Hundepapa sich immer näher kamen, merkte man richtig, dass wir beide starke Probleme miteinander hatten. Ich begann unseren Alltag wie automatisch abzuspulen und merkte, dass ich keinerlei Gefühle mehr für Reva hegte und froh war, wenn ich mal ohne sie war. Teilweise war es mir sogar “lästig” geworden und ich fühlte mich massiv überfordert.

Besonders schlimm wurde es, als sie im Zahnwechsel war, denn sie litt unter starken Schmerzen und hatte Fieber. Reva saß in ihrer Box im Büro und begann fürchterlich zu weinen und ließ sich auch nicht von mir beruhigen. Mein Chef missverstand die Situation und ich war völlig hin und her gerissen. Auf der einen Seite war die Verzweiflung, auf der anderen die Wut und mittendrin ganz viel Überforderung. Ich besorgte noch am selben Abend ein Zahnungsgel für Babys, das half ihr sehr gut und bald wurde das Weinen weniger.

Unser Training fand in jeder freien Minute statt und ich hatte das Gefühl, dass wir überhaupt keine Fortschritte machten, denn Reva reagierte so gar nicht auf Körpersprache oder auf die Kommandos, die wir täglich übten. Sie reagierte auf gar nichts und machte immer nur ihr Ding, ganz egal ob eine Maßregelung erfolgte oder nicht. Irgendwann hatte ich mich nicht mehr im Griff und begann Mitte im Training in Tränen auszubrechen, war wütend und und schimpfte einfach los. Reva interessierte das aber so gar nicht und alles wurde immer schlimmer, sie machte einfach was sie wollte und wir fanden einfach nicht zueinander. Ich hatte große Angst, dass es unser Leben lang so laufen würde und begann den Leuten zu glauben, dass Reva die falsche Entscheidung gewesen sei und somit befreite sich mein Herz komplett von den letzten Gefühlen für sie und war plötzlich leer und eiskalt.

Unser Magic Moment – Und alles wurde anders

In der Phase der völligen Verzweiflung zog ich mich immer weiter zurück und war sehr weit weg von meinem Welpen, es war kein Wunder das wir nicht voran kamen, aber das erkannte ich damals einfach nicht. Ich hatte sie längst abgeschrieben und war auf ein Leben eingestellt, mit einem Hund, der sich nichts sagen lässt und einfach sein Ding macht. Meine Gedanken wurden immer dunkler und ich hatte das Gefühl endlich ausbrechen zu wollen.

Und so machten wir einfach mal einen Ausflug, ein erstes Playdate mit dem Hund meiner damaligen besten Freundin, stand auf dem Programm, denn ich dachte, dass ihr Rüde Reva gut tun könnte und sie sollte von Anfang an, feste Hundekumpels für einen guten Sozialkontakt haben. Also machten wir uns auf den Weg, mein Kopf arbeitete auf Hochtouren und malte sich schon aus, was alles schief gehen würde, denn Reva hörte einfach nicht auf mich und Rückruf war ihr völlig unbekannt, dabei war sie bereits seit zwei Monaten bei uns.

Aber das Playdate lief von Anfang an super, Reva war so dankbar für den kleinen Pudel, der da auf sie zu kam und sie spielten so schön miteinander. Mein herz begann wärmer zu werden und ich konnte mich, das erste Mal seit zwei Monaten, etwas entspannen und zurück lehnen. Ganz langsam kam die Hoffnung zurück und ich merkte, wie erschöpft ich eigentlich war. Reva konnte sich ordentlich austoben und nach einigen Stunden ging es nach Hause zurück.

Als wir zuhause waren, legte ich mich völlig übermüdet auf das Sofa und versuchte etwas schlaf nachzuholen, als ich plötzlich merkte, wie jemand über mich rüber kletterte. Reva ist aus ihrer Box gekommen und versuche sich zu mir zu legen, sie suchte von sich aus meine Nähe, das erste Mal seit ihrem Einzug bei uns! Ich glaubte meinen Augen nicht, aber da lag sie wirklich in meiner Armbeuge und schaute mir ganz tief in die Augen. Ihre tiefen Blicken durchdrangen meine verletzte Seele, die wohl noch immer um meine alte Hündin trauerte, und der Schmerz wurde weniger, bis er nicht mehr spürbar war. Ihre Blicke brannten in meinem Herzen und ihre Worte taten mir so weh, denn sie bat darum endlich in mein Herz zu dürfen. Der Eisblock um meinem herzen zerbrach und begann zu schmelzen, mein herz fühlte sich immer wärmer an und ich merkte, wie die Tränen ihren Weg fanden. Reva leckte jede einzelne Träne, die aus mir herausbrach, ab und ich weinte einfach hemmungslos den Schmerz heraus.

So lagen wir fast drei Stunden, Reva schlief irgendwann ein und ich weinte weiter, erzählte ich leise, was mich so sehr bedrückt hatte und lernte in diesem “magischen Moment” so viel über mich selbst und erkannte, wie ungerecht ich Baby-Reva gegenüber war. Ich kuschelte mich enger an sie und umschloss sie ganz fest, sie lächelte im Schlaf und seufzte glücklich, so als würde sie mich verstehen.

Als der Hundepapa diesen Moment sah, kam er aus dem staunen nicht mehr raus, nahm uns glücklich in seine Arme und auch er musste vor Freude weinen, denn er hatte schon große Angst gehabt, dass wir niemals zueinander finden würden.

Endlich sind da Fortschritte

Ab diesem Moment war es, als wären ganze Steinwände von meinem Herzen gebrochen, und es schwebte plötzlich ganz viel Leichtigkeit in unserem Alltag mit. Reva und ich begannen immer mehr auf den anderen zuzugehen und konnten endlich, nach fast zwei Monaten der puren Verzweiflung, ein ganz feines und dünnes Band der Bindung knüpfen und täglich alles dafür tun, dass es wachsen konnte. Irgendwie war nun alles so viel leichter und jeder von uns wirkte gelöst und fröhlich.

Das merkte man auch unserem Training an, denn endlich machten wir Fortschritte, vermutlich lag es daran, dass ich nicht mehr so verbissen war und viel mehr auf Baby-Reva achtete und stärker auf ihre eigene Körpersprache achtete. Ich erkannte endlich ihre Defizite und konnte überlegen, wie wir damit im Alltag klar kommen würden. Endlich fiel mir auf, dass sie keinerlei Körpersprache lesen konnte und es ihr fremd war, was man auch bei Kontakt mit Artgenossen sehr gut bemerkte, wenn man sie beobachtete. Ich fand immer mehr gefallen daran, sie zu “erforschen” und hinter ihre starke Fassade zu blicken. Mir fiel auf, dass sie gar nicht so trotzig und stark war, wie sie tat und sie sich mir immer mehr öffnete und fallen ließ. Baby-Reva öffnete ihr Herz für mich und ich öffnete meines immer mehr für sie, unsere Gefühle füreinander wurden täglich stärker und schon bald waren wir unzertrennlich, aber auf eine gute und angenehme Art und Weise. Wir respektierten die Freiräume und Pausen des anderen und wir lernten den anderen immer besser zu lesen und seine “Fehler” zu verstehen und damit klar zu kommen.

Reva erkannte endlich, dass ich sie sicher führen wollte und konnte und sie sich auf mich verlassen konnte und gab immer mehr Kontrolle ab, was für unser Training schnell viele Fortschritte bedeutete. Zwar waren diese, gerade Anfangs noch sehr klein, aber sie wurden täglich mehr und nach und nach immer größer und bedeutender.

Reva und ich erkannten plötzlich, dass wir uns sehr ähnlich sind und wir eigentlich nur nach einem Suchen, nach Liebe und Geborgenheit und jemanden der uns Halt gibt. Außerdem sind unsere Charaktere sehr ähnlich, das ist schon echt unheimlich. Wir beide versuchen oft mit dem Kopf durch die Wand zu wollen, wenn wir uns ungerecht behandelt fühlen und sind sehr harmoniebedürftig. Wir versuchen einzugreifen, wenn jemand ungerecht behandelt wird und sind sehr dankbar für Ruhe. Im Herzen sind wir beide wild und ungezähmt, lieben die große Freiheit und lieben die unendliche Weiten. Wir mögen keine Menschenmassen und haben am liebsten unsere Ruhe, ganz für uns, mögen keine Zwänge und wollen anders sein als der Rest.

Ich konnte immer feiner mit Reva kommunizieren und wo ich noch vor einigen Wochen völlig verzweifelte, aufgrund der fehlenden Körpersprache, so erkannte ich, dass Reva ihre ganz eigene Art der Kommunikation mit uns gefunden hatte. Reva kommuniziert über ihre wunderschönen großen, braunen Augen, sie guckt einen ganz tief an und ihre Blicke durchbohren dann die Seele und gehen bis auf den Grund. Man erkennt ganz deutlich, was sie einem sagen möchte, wenn man sich darauf einlässt und diese ganz besondere Art der Kommunikation akzeptiert und zulässt. Anfangs war es unheimlich, aber mittlerweile liebe ich es, wenn sie mir so tief in meine Seele blickt und ich ganz genau hören kann, was sie mir zu sagen hat. Für viele andere wird das alles wohl keinen Sinn machen, aber Reva ist meine Seelenverwandte und daher wundert es mich heute nicht mehr, dass wir so miteinander reden und keinerlei Missverständnisse mehr zwischen uns stehen.

Das Training wurde immer effektiver und wir machten, nach und nach, immer größere Fortschritte und alle wunderten sich, dass es nun so gut lief. Reva wurde ein sehr verlässlicher Bürohund, der lernte die Zeit in der Box ruhig zu verbringen und auch zuhause lief es immer besser und Reva bekam immer mehr Freiheiten. Natürlich blieben Grenzen und regeln bestehen, aber Reva musste immer weniger Zeit in der Box verbringen und lernte sich auch ohne Box runterzufahren und unsere Grenzen zu akzeptieren. Alles lief so fiel einfacher als in den Wochen vorher und es war alles so viel schöner.

Wir gingen unseren ganz eigenen Weg, aber von nun an gemeinsam

Ich hörte auf, sie mit anderen Hunden zu vergleichen und wir machten einfach unser Ding, ganz gleich was die anderen sagten, was sie an uns störte oder was sie für “Tipps” hatten. Wir probierten uns in unterschiedlichen Trainingsmethoden aus und erkannten immer schneller, ob etwas zu uns passte oder ob es für uns der falsche Weg wäre. Unser Alltag machte endlich Spaß und wir begannen erste gemeinsame Abenteuer zu erleben.

Natürlich hatten wir auch unsere Rückschritte und viele offene Baustellen, dass ist völlig normal mit einem Welpen und Junghund, denn es ist einfach so viel zu lernen, aber wir fanden unseren Weg und gingen ihn nun gemeinsam und akzeptierten die Rückschläge und ärgerten uns nicht mehr über sie. Wir nahmen sie als normal an und nutzen sie, um bei der Lösung des Problems über uns hinaus zu wachsen und uns noch besser kennenzulernen.

Unsere Bindung wurde immer fester und überholte schnell den geliebten Hundepapa und ich schaffte es sogar, Reva davon zu überzeugen, dass ich sie so souverän durch jede Situation führen konnte, dass sie mir schnell die Führung komplett übergab und mich sie leiten ließ. Man konnte sehen, wie sehr sie sich zurücknahm und immer entspannter wurde. Ich erkannte ihre Hochsensibilität und wie ich damit umgehen musste. Wir hatten gerade in den ersten beiden Monaten unglaubliche Tiefen, ich war völlig deprimiert und hätte nie gedacht, dass mir das passieren würde, denn ich liebe ja Hunde über alles und weiß bis heute nicht, was der Auslöser dafür war aber wir haben im richtigen Moment die Kurve bekommen und dafür bin ich so dankbar!

Heute passt kein Blatt zwischen uns und wir gehen respektvoll miteinander um, verstehen die Defizite des anderen und können uns immer aufeinander verlassen, ganz gleich was passiert. Wir gehen aufeinander zu und helfen uns gegenseitig, Reva hat gelernt mit meinem Rheuma umzugehen und wie sie mir dabei helfen kann, damit hatte ich nie gerechnet. Aus dem wilden und unzähmbaren Baby-Reva ist ein entspannter, reifer Hund geworden, der sich immer ein Stück Freiheit und Wildheit im Herzen bewahrt, ganz genauso wie ich es mir bewahrt habe, als ich erwachsen wurde. Reva und ich sind eins, eine Seele, aufgeteilt in zwei verschiedene Körper, die auf ganz besonderem Weg zueinander gefunden und sich wieder vereint haben!

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