🎤 Blogtalk - Von Hundemensch zu Hundemensch

Mein Leben mit Hund und rheumatischer Erkrankung

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Dieser Gastbeitrag stammt von meiner lieben Freundin Lea, die genau wie ich, unter einer rheumatischen Erkrankung leidet und euch hier etwas über ihr Leben mit dieser Erkrankung erzählen möchte. Ich bin ihr dafür sehr dankbar, da es viel zu wenig Aufklärung über Rheuma gibt und so auch andere Betroffene sehen können, dass der Traum vom Hund, auch mit Rheuma machbar ist! Aufgrund von Verlinkung zu der Instagramseite, ist der Beitrag als Werbung gekennzeichnet.

Moin Moin aus Hamburgs Umland

Wir sind Lea, 23 Jahre alt, und Henry, 10 Monate alt und kommen aus einer Kleinstadt in der Nähe von Hamburg. Henry ist ein Miniature Australian Shepherd in der Farbe Redmerle, er hat ganz zauberhafte blaue Augen, in die man sich schnell verliebt und er ist ein sehr quirligerJunghund, der es liebt zu Kuscheln, neue Tricks zu lernen und mit anderen Hunden um die Wette zu laufen. Wie ein typischer Aussie, ist er fremden Menschen gegenüber meist ein bisschen reserviert. Hat er sie dann aber kennengelernt, wird bei einem Wiedersehen gerne mal vor Freude gepieschert!

Seit Henry bei uns eingezogen ist, bin ich kaum noch ohne ihn zu finden. Er ist mein alltäglicher Begleiter und mein bester Freund geworden, den ich nicht mehr missen möchte. Wenn ich nicht gerade mit Henry kuschle, sitze ich auf meinem Pferd, backe Henry DIY-Hundekekse oder probiere neue Rezepte mit Potenzial für Lieblingsessen aus. Ich lese für mein Leben gern und bastle gerne an neuen DIY-Leinen oder Halsbändern. Auf unserem Instagramaccount “miniaussiehenry” könnt ihr unseren Alltag genauso wie unsere Ausbildung zum Pädagogikbegleithunde-Team und unsere spannenden Zukunftspläne begleiten und verfolgen.

Doch das Leben mit Hund und Pferd war und ist fürmich nicht immer eine Selbstverständlichkeit. Im Weg steht mir dabei meine Krankheit, Rheuma, die mich seit vielen Jahren begleitet. In diesem Beitrag habe ich die Möglichkeit bekommen, euch einen kleinen Einblick in mein Leben mit Rheuma und Hund zu geben.

Der Tag der Diagnose Kinderrheuma

„Mama, habe ich heute trotzdem Geburtstag?“ – an diese Frage erinnere ich mich noch ganz genau. Ich stellte sie am 19.12.2001, meinem vierten Geburtstag, als wir in unsere Straße einbogen, nachdem wir gerade in der Klinik waren und ich die Diagnose „Kinderrheuma“ bekommen habe. Natürlich wusste ich das in dem Moment noch nicht einzuordnen. Aber was ich wusste war, dass meine Mama versuchte die Tränen tapfer wie sie nun einmal ist, vor mir zu verstecken, während sie meinen Papa anrief um ihm von dem Termin zu erzählen oder dass die Stimme, vom sonst so freundlichen Arzt, plötzlich so angespannt und ernst klang.

Natürlich bekam ich auch mit, dass ich am vorherigen Nikolaus nicht alleine zu meinem Schuh laufen konnte, weil „mein Bein wehtat“. Dieser Satz begleitet mich bis heute. Wenn ich einen Schub habe und mein Knie schmerzt, tut mir bis heute das ganze Bein weh, nicht das betroffene Knie oder Sprunggelenk. Früher konnte ich den Schmerz nicht zuordnen, heute weiß ich genau, wie es anfängt und mich in meinem ganzen Alltag begleitet.

19 Jahre sind es mittlerweile, die mich diese Diagnose begleitet und in meinem Leben mal mehr und mal weniger stark einschränkt. Verschiedenste Ärzte in ganz Norddeutschland, sechswöchige Kuren in den Sommerferien – weit weg von Urlaub mit Familie und Freunden oder Zuhause, sämtliche Medikamente und unzählige Krankengymnastikstunden später, weiß ich mittlerweile, wie ich damit umgehen kann – meistens jedenfalls.

Manchmal kam ich mir vor wie ein Versuchskaninchen

Ich nahm alles auf mich, radioaktiv geladene Spitzen, 13 Tabletten am Tag, tausende Gymnastikübungen an die ich mich brav hielt, aber mit den anderen Kindern Pferd oder Fangen spielen konnte ich trotzdem nicht. Unfassbar schwierig zu verstehen, dass meine Beine im Kindergarten- und Grundschulalter einfach nicht so mitmachten wie bei anderen Kindern. Traurig anzuschauen für meine Eltern, dass ich selten mitspielen konnte und noch schwieriger zu verstehen für andere Kinder, die doch noch gar kein Verständnis dafür entwickeln konnten, dass ich komisch laufe oder an manchen Tagen mit Rollstuhl in die Schule kam. Leicht war es nicht, immer eine „Extra-Wurst“ zubekommen, die es mir aber glücklicherweise ermöglichte, eine reguläre Grundschule zu besuchen und auch danach ein weiterführendes Gymnasium zu überstehen.

Die anderen Kinder und meine Mitschüler entwickelten Verständnis, Lehrer*innen begannen sich mit der Krankheit auseinander zusetzen und Freunde akzeptierten mein ganz persönliches Handicap, ganz egal wie fremd es ihnen doch schien.

Das Rheuma war tagtäglich mein Begleiter

Auf dem Gymnasium begann dann die Zeit, in der mir die Krankheit peinlich wurde. Ich lernte viele neue Leute kennen und wollte nicht gleich abgestempelt werden. Ich versuchte die Krankheit so gut es ging zu verstecken, um mit den anderen mithalten zu können. Das führte zu vielen Diskussionen mit meiner Mutter, da sie der Meinung war, dass es wichtig ist, für andere Menschen transparent zu sein, damit mir im Notfall geholfen werden kann. Zumal mich andere so akzeptieren sollten, wie ich bin.

Heute weiß ich, dass sie Recht hatte, aber als pubertierender Teenager, der an manchen tagen wirklich genervt von seiner Krankheit war, ist das gar nicht so leicht.

Das Rheuma und ich wurden erwachsen

„Mit der Pubertät verabschiedet sich das Kinderrheuma häufig.“ – bei irgendeinem der vielen hunderten Ärzte gehört und für immer darauf gesetzt. Und tatsächlich sah doch alles danach aus. Als ich zwischen 12 und 14 Jahre alt war, setzte der Arzt meine Medikamente ab und ich hatte keine Probleme mehr. Zwei fast sorglose Jahre, in denen ich nur in kleinen Phasen mal Schmerzen hatte, die im Vergleich zu sonst, wirklich gut auszuhalten waren, war wirklich nix los. Hoffnung auf einganz normales Leben kam in mir und meinen Eltern auf, die ich damals noch gar nicht zu schätzen wusste. Und die auch schneller vorbei war als gedacht.

Mit 14 kam dann nämlich die Botschaft: die rheumatische Erkrankung ist nicht weg, sondern wieder da – und nun sogar schlimmer als je zuvor. Es folgten erneut unfassbar viele Termine, Testmedikamente, von denen keines half und das erlösende, neue Medikament: eine wöchentliche Spitze die gegen die Schmerzen und Entzündungen eingesetzt werden sollte und zum Glück auch half. Und ich war eine der ersten Deutschen, die sie probieren „durfte“.

Ja, die Schmerzen waren weg und die Entzündungen und Schübe wurden weniger, dafür folgte in den 48h Stunden nach der Spitze mehrmaliges Erbrechen, Dauerschwindel und die schlechteste Stimmung seither. Doch die Medizin entwickelte sich weiter und das Medikament wurde mit der Zeit besser verträglicher, auch wenn einige Nebenwirkungen blieben.

Mit 17 war ich wieder für ein Jahr medikamentenfrei. Aus einer pubertären Laune heraus, habe ich einfach aufgehört mich zu spritzen und die, wirklich sehr teuren Medikamente einfach links liegen gelassen. Zugegeben, keine meiner schlausten Entscheidungen, denn mit 18 gab es die Rache meines Körpers: ein schlimmer Schub, mehrere lange Aufenthalte in Kliniken, sämtliche kleine Operationen und viel Ärger von den wissenden Ärzten. Doch endlich kam nun mal Bewegung in meine Erkrankung und in mich, denn ich wurde nicht weiter von Kinder- und Jugendrheumatologen behandelt, sondern habe erstaunlich schnell einen Rheumatologen für Erwachsene gefunden.

Ein neuer Weg tut sich auf, mit neuen Medikamenten und neuen Möglichkeiten für mich

Der neue Arzt stellte die Medikamente neu ein und ich erhielt eines, dass ich zuvor bereits nahm und mit dem ich gute Erfahrungen gemacht hatte. Doch mein fast erwachsener Körper verändert sich und somit stellte sich eine neue Ernüchterung ein, denn die Medikamente schlugen nicht mehr an. Nachdem wir ein passendes und gutes Medikament gefunden haben, wagte ich das, was alle für unmöglich gehalten haben: Ich reiste mit einer Freundin nach Kanada um auf einer Ranch zu arbeiten! Ja, ihr lest richtig. Arbeiten. Auf einer Ranch. Körperlich. Reiten.

Unmöglich für jemanden in meiner körperlichen Verfassung. Aber ich überraschte mich selbst. Nachdem ichgeklärt hatte, wie man Medikamente innerhalb einer Kühlkette mit in den Flieger nimmt, hatte ich ein paar super Monate in Kanada. Und ich merkte schnell, dass mit der Umgang mit den Tieren half, anstatt, dass mir die körperliche Arbeit, die der Umgang mit sich trägt,Schmerzen bereitete. Hier merkte ich das erste Mal, wie toll Tiere helfen können und was sie mit uns Menschen machen können, seelisch, körperlich und phsyisch!

Ich setzte mir das Ziel, irgendwann mal Tiere als Therapieform bei Krankheiten einzusetzen, um anderen zu helfen und an diesem Ziel bin ich fast angekommen! Wieder Zuhause war klar, ich möchte so weiter machen. Ein Pony zog ein und bewies genau das gleiche. Der Umgang förderte meine Gesundheit. Klar gab es Tage, an denen meine Gelenke gestreikt haben und ich keinen Stalldienst machen konnte, aber es gab auch andere an denen die Schmerzen vom Reiten gehemmt wurden. Mit der Zeit wurde der Gedanke immer intensiver.

Ich fand endlich meinen ganz eigenen Weg mit Rheuma umzugehen

Ich wurde älter, las viel über die tiergestützte Therapie und verschiedene Methoden für diese, begann mein Studium und entschied: sobald es möglich ist, wird hier bei mir ein Hund einziehen.

„Ein Hund?? – wie willst du denn regelmäßig mit dem Spazieren gehen?!“, „So ein Hundpasst doch gar nicht in dein Leben, du weißt doch gar nicht wo dein Weg noch hinführt!“,„Hast du da überhaupt genug Zeit für?“, „Und was machst du mit dem, wenn deine Gelenke nicht mitspielen?“ – alles Sätze, die ich gehört habe, nachdem die Entscheidung, dass ein Hund bei mir einziehen soll, realistischer wurde.

Klar, ich verstand die Sorge in diesen Sätzen absolut, denn was mache ich denn eigentlich, wenn ich gesundheitsbedingt eben mal nicht mit dem Hund spazieren gehen kann. Wird der Hund ein schlechtes Leben haben, wenn er bei jemanden einzieht, der gesundheitlich beeinträchtigt ist? Henry zog schlußendlich dann bei mir, trotz aller Vorurteile der anderen Menschen um mich herum, ein und nun, nach mittlerweile 8 Monaten mit Henry, kann ich diese Sorge komplett in den Hintergrund schieben.

Denn ja, ich hatte bereits, als Henry zwei Monate bei uns gelebt hatte, einen schlimmen Rheumaschub, wurde punktiert und war für einige Tage bettlägerig. Und was wir dann gemacht haben? Zum einen gibt es immer noch meinen Freund, der die Entscheidung für einen Hund mitgetragen hat und hilft, wo er kann. Zum anderen hat das Ganze auch etwas mit der Bindung zum Hund zu tun.

Henry war sehr feinfühlig und hat gemerkt, dass es mir in dieser Zeit schlecht ging. Es reichten ihm kurze Pipi-Runden und ein bisschen Kopfarbeit und danach kuschelte er sich wieder zu mir ins Bett und spendete mir Trost und Beistand.

Henry und ich sind ein starkes Rudel, was sich beisteht wenn es darauf ankommt

Was man sich also auch immer alles anhören muss – man sollte nicht darauf hören, sondern das machen, was man für sich und seinen Körper am besten hält. Klar, gibt es mal Momente, in denen mir die Gelenke weh tun, aber dafür wurden sie bei den vielen Spaziergängen, die ich ohne meinen geliebten Henry nie gemacht hätte, auch gestärkt. Sie haben einen Grund sich zu bewegen in Situationen, in denen ich ohne Henry zuhause bleiben und mich selbst bemitleiden würde.

Henry gibt ihnen die Kraft, die sonst fehlen würde und bedankt sich dann mit einem Hundekuss bei mir, für das Aufraffen. Ich bleibe dank Henry mobil und dass ist gerade bei einem Schub, ganz egal wie stark dieser ist, wichtig, damit die Gelenke nicht noch mehr verkümmern.

Ich will nicht sagen, dass das Leben mit einer rheumatischen Erkrankung und Hund keine Herausforderungen mit sich bringt – das tut es ganz gewiss und auch uns stehen da bestimmt noch einiges bevor, aber das was ich sagen will ist, dass es sich absolut lohnt, diese Herausforderungen zu bewältigen, da der Hund so viel mehr mitbringt als nur diese. Genau deswegen habe ich bereits im letzten Jahr die Ausbildung zum Pädagogikbegleithunde-Team angefangen, die wir in diesem Jahr beenden werden. Ich möchte allen Skeptikern beweisen, was tiergestützte Interventionen alles schaffen können. Ich würde mich immer wieder für Henry entscheiden, denn wir sind ein festes Rudel, welches gemeinsam durch Dick und Dünn geht, ganz gleich wie schwer es ist!

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