Die Tierarztangst
Reva ist ein Hund, der in den letzten Jahren sehr viel beim Tierarzt war und obwohl sie nie negative Dinge erlebt hat, trotzdem eine riesige Angst vor dem Besuch beim Tierarzt hat. Da es nicht nur uns so geht, habe ich euch hier einmal von unseren Erfahrungen berichtet.
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Es geht zum Onkel Doktor
Als wir Reva damals abgeholt haben, sind wir direkt mit ihr zum Tierarzt gefahren, denn wir wollten sicher gehen, dass es ihr gut geht und die kleine Maus gesund ist. Immerhin wurde sie einige Tage lang in eisiger Winterkälte mit dem Transporter von Russland nach Deutschland transportiert. Da wir damals kurz vor Feierabend beim Tierarzt eintrafen, waren wir die letzten “Patienten” und Reva durfte sich frei bewegen. Den Tierarzt selber, kannten wir bereits sehr gut, da wir hier immer mit unserer alten Hündin waren.
Reva sah sich ganz in Ruhe alles an und durfte durch den Behandlungsraum laufen, während wir auf den Arzt warteten. Als dieser kam, nahm er behutsam Kontakt zu Reva auf und führte die üblichen Untersuchungen durch. Ihr Herz und die Lunge wurden abgehört, es versuchte sie zum Husten zu bringen, tastete die Gelenke ab und schaute sich Zähne, Augen und Ohren an. Reva bekam jede Menge Kekse von der lieben Tierarzthelferin und konnte alles positiv verknüpfen.
Unser Tierarzt hatte sogar ein Welpentraining im Angebot, welches wie eine Spielstunde zum Feierabend hin, aufgebaut war. Ich überlegte zwar, dieses zu versuchen, aber da sie das damals so gut machte, ließ ich dann doch davon ab. Leider ging es Reva ich einigen Tagen nicht so gut, so dass wir mehrmals hintereinander mit ihr zum Arzt mussten, was sie immer super meisterte und nie Angst zeigte. Wir waren in dem ersten Monat wirklich oft beim Tierarzt, aber nie gab es mit Reva Probleme oder von ihr gezeigte Ängste.

Plötzlich ist da diese unerklärliche Angst vorm Tierarzt
Bis wir dann einige Wochen später einen kleinen OP-Marathon hinlegen mussten. Erst brach sich Reva an einem Hirschgeweih, welches sie zum Kauen bekam, aufgrund des Zahnwechsels, zwei Zähne ab, wovon einer in Vollnarkose gezogen werden musste, da hier die Nerven des Zahnes frei lagen und ich einfach kein Risiko eingehen wollte. Nur wenige Wochen später folgte die Kastration und nochmal zwei oder drei Wochen später, wurden die überstehenden Milchzähne in Vollnarkose gezogen, die einfach nicht ausfallen wollten.
Und irgendwann zwischen all diesen ganzen OP-Terminen muss sich bei Reva eine Angst vorm Tierarzt entwickelt haben. Wir mussten sie ja immer vorne am Empfang abgeben und sie wurde dort immer liebevoll betreut, bis wir sie wieder abholen konnten. Keine Ahnung was da passiert ist oder weswegen sie diese Angst entwickelt hat, aber sie war plötzlich da. Es fiel mir das erste Mal auf, als ich mit ihr zu einer Nachuntersuchung gehen wollte, da weigerte sie sich, in die Praxis zu gehen und wollte hinterher nur noch schnell raus.
Und irgendwie ist diese unerklärliche Angst bis heute geblieben. Mittlerweile mussten wir den Tierarzt wechseln, da unser alter Tierarzt auf ihre IBD nicht genügend spezialisiert war und wir durch Zufall, eine sehr gute Tierärztin, die sogar gleich bei uns ums Eck ihre Praxis hat, gefunden haben, die sich mit dieser Krankheit sehr gut auskennt. Somit gehen wir tatsächlich regelmäßig an der Praxis vorbei, was nie ein Problem darstellt. Reva geht immer entspannt vorbei, aber sobald wie wirklich auch da rein gehen müssen, muss sie das schon spüren, denn dann ist da nichts mit entspannt dran vorbei oder hin gehen. Dann wird sofort der Rückwärtsgang eingelegt und die Krallen in den Asphalt gestemmt.

So gehen wir mit der Arzt vorm Tierarzt um
Mir ist es sehr wichtig, dass Reva versteht, dass dort nix schlimmes passiert. Darum gehen wir immer zusammen zum Arzt, wenn ihre Medikamente leer sind und ich neue abholen muss. Das verbinde ich dann auch immer gleich mit dem notwendigen Kontrollwiegen. Interessanterweise hat Reva dann auch nie ein Problem damit, sie huscht zwar mega schnell wieder raus, aus der Praxis, aber das rein gehen ist unproblematisch.
Wenn wir einen wirklichen Termin haben, sieht das ganz anders aus. Je nach Tageslaune kann es durchaus etwas dauern, bis sie rein geht. Ich lasse ihr da aber ihre Zeit und versuche die Angst nicht weiter zu bestärken. Wenn wir dann angemeldet sind und im Wartezimmer auf unseren Aufruf warten, kann Reva einem wirklich leid tun. Da sitzt sie dann auf dem Boden, weint und jammert herzzerreißend. Ich habe dann, obwohl ich immer las, dass man dies nie tun sollte, irgendwann angefangen, Reva auf meinem Schoss sitzen zu lassen, wenn wir warten, da sie sich hier immer sicher fühlt. Ganz egal was Reva unruhig macht, aber das auf dem Schoss sitzen, bewirkt immer wahre Wunder.
So sitzen wir dann da, Reva auf meinem Schoss und ich lobe sie, wenn sie ruhig ist und versucht sich zu entspannen. Andere Hunde werden von ihr dann ignoriert. Wenn wir aufgerufen werden, trage ich Reva mittlerweile immer auf meinem Arm rein, auch wenn es komisch aussieht. Aber da Reva dann immer sofort den Rückwärtsgang eingelegt hatte und ich sie nicht so blöd hinter mir herziehen möchte, ist mir das einfach lieber so. Ich möchte ihr ja zeigen, dass ich für sie da bin und ihre Angst ernst nehme.

Reva und die Behandlung vom Tierarzt
Im Behandlungszimmer ist es dann wieder ganz anders. Dort taut Reva innerhalb von Sekunden auf und läuft neugierig durch den Raum. Unsere Ärztin möchte immer, dass die Tiere sich ungezwungen frei bewegen können und bespricht dann mit mir den Grund, warum wir dort sind, während Reva sich umsieht und von der lieben Helferin jede Menge leckere Kekse bekommt.
Bei der Untersuchung versucht unsere Tierärztin mich so gut es geht mit einzubinden und Dinge wie festhalten oder Maul öffnen werden oft vom Besitzer gemacht, wenn der Hund ängstlich wirkt, was bei Reva aber kein Problem ist. Reva hat bereits als Welpe ein Tierarzttraining von mir bekommen, allerdings nur zuhause, wo wir das abtasten und ins Maul gucken etc. geübt haben. Daher hat sie für alle möglichen Behandlungen und Untersuchungen entsprechende Kommandos, die sie dann auch stolz ausführt. Hinterher gibt es richtig viele Kekse und Reva wird von der Ärztin ordentlich gekuschelt.
Sobald wir den Behandlungsraum verlassen und Richtung Kasse und Ausgang gehen, ist Reva wie ausgewechselt. Dann will der ganze aufgestaute Stress nur noch aus ihr raus, und Reva beginnt alle wartenden Hunde anzupöbeln und macht ein ordentliches Theater. Tja, was soll ich sagen, mein Hund ist halt (etwas) komisch🤣. Beim bezahlen wird dann ordentlich gequengelt, denn Madame Plüschpo möchte nur noch da weg. Sobald wir draussen sind, wird erst einmal gepinkelt und alle Hunde die wir dann sehen, werden angepöbelt.

Da wir Reva mittlerweile gut kennen, können wir entsprechend reagieren und wissen, wann sie Angst hat und unsere Nähe bzw. Unterstützung braucht und wann sie einfach übertreibt und ich das gezeigte Verhalten lieber ignorieren sollte, um es nicht zu bestätigen.
Auch wenn ich hierzu viel im Netz gelesen habe und auch von Hundetrainern oft gehört habe, dass man auf dieses Jammern und das Zittern beim Warten nicht eingehen sollte, da dies nur noch schlimmer werden würde, bin ich für Reva dann da, denn sie hat Angst und die soll sie nicht alleine durchstehen müssen. Es ist für mich ganz normal, dass ich versuche für sie da zu sein. Und ich habe nicht das Gefühl, dass einfache Nähe und Geborgenheit, die Angst unterstützen. Ich achte sehr darauf, dass ich sie nicht anspreche oder für das ängstliche Jammern bestätige. Denn das würde, zumindest bei Reva, ich damit tun. Aber hier ist jeder Hund anders und jeder sollte schauen, wie er seinem Hund am besten durch so eine Situation helfen kann. Mir persönlich tut es immer weh, wenn ich beim warten einen sehr ängstlichen Hund sehe, der traurig seinen Besitzer anblickt und dieser lieber auf sein Handy starrt oder seinen Hund ignoriert. Aber auch Besitzer, die dann ziemlich grob mit ihrem Hund sprechen oder umgehen, habe ich schon erlebt, was ich nicht verstehen kann. Jeder muss das aber, wie gesagt, ganz für sich selbst entscheiden.